Rückblick auf 120 Jahre BHV: Wegbegleiter vom Dorf der Zähjenböcke zum beliebten Wohn- und Geschäftsort
„Nachdem am 18. November die ersten Schritte, betreffs eines Bürgervereins in hiesiger Gemeinde, in die Wege geleitet wurden, fand diesbezüglich am 24. Januar eine Besprechung statt. Am 21. Februar d. J. fand dieserhalb die erste Versammlung im Restaurant Glebe statt. Der Vorsitzende eröffnete dieselbe um 9 Uhr. Nach Verlesung der Statuten führte derselbe in angemessener Weise den Versammelten den Zweck und die Ziele des Vereins vor Augen, erklärte die Bedeutung der Paragraphen im einzeln ganz ausführlich.“ So ist es in der Einleitung des Protokolls der 1. Sitzung im Jahr 1903 zu lesen.
Mit diesen nüchternen Worten begann vor nun 120 Jahren, am 21. Februar 1903, die Geschichte des Bürgervereins Kirchditmold (ab 1954 „Bürger- und Heimatverein Kassel-Kirchditmold e.V.). Der Verein begleitete Kirchditmold vom „Dorf der Zähjenböcke“ über die Eingemeindung in die Stadt Kassel 1906, durch Kriegs- und Nachkriegszeiten bis in unsere Gegenwart als beliebter Wohnort.
Er begleitete einerseits und formte andererseits diesen Stadtteil maßgeblich mit. Gegründet drei Jahre vor der Eingemeindung 1906 war er Sprachrohr in die Stadtverwaltung und hatte damit achtzig Jahre vor Einrichtung der Ortsbeiräte in Kassel eine ähnliche Funktion. Das reichte von der Bedürfnisanstalt für Ausflügler über Straßenbahnhaltestellen bis zur Sanierung von Brunnen und das Aufstellen von Bänken.
Darüber hinaus verstand und versteht der Verein sich als Organ der Ortsgemeinschaft und zur Pflege der Ortsgeschichte. Das zeigt sich u.a. an den zahlreichen Veranstaltungen und Fotoausstellungen zur Geschichte des Orts und an Kultur-Angeboten. Zudem finden Festen statt zur Pflege der Gemeinschaft, zugleich zur Integration Zugezogener oder Flüchtlingen – etwa das erste Heimatfest 1950 bis zu den heutigen Kirchditmolder Weihnachtsmärkten. Das Engagement für die Natur zeigt sich u.a. an der Streuobstwiese an der Hessenschanze, an der sanierten Prinzenquelle mit Kneippanlage, Baumpflanzungen und Bankspenden an schönen Orten.
Diese Vereinsgeschichte ist in einer Chronik zusammengestellt, die Anne Belke-Herwig und Annette Ulbricht geschrieben haben. Belke-Herwig hat als Historikerin die im Stadtarchiv auffindbaren Quellen aus den Jahren 1903 bis 1954 gesichtet, stichprobenartig ausgewertet und aus Sütterlin transkribiert. Ulbricht hat als Journalistin die verfügbaren Dokumente, Programmhefte und Protokolle ab den 1950er Jahren ausgewertet und die Vereinsgeschichte bis zur Gegenwart ausgeführt.
Der Rückblick auf die Vereinsgeschichte ist zugleich ein Rückblick auf Kirchditmold und seine Entwicklung. Denn damals wie heute stand die Förderung des Stadtteils im Mittelpunkt. So sagt die Satzung von 1929 (die erste Satzung ist nicht bekannt):
„Der Verein ist politisch neutral. §2: Die Aufgaben des Vereins sind: 1. Förderung und Unterstützung aller Bestrebungen, die dem Wohle und Gedeihen des Stadtteils Kirchditmold dienen; 2. Bekämpfung aller das Gemeinwohl schädigenden bestehenden oder geplanten Einrichtungen.“
Die politische Neutralität ist noch immer eine Grundlage der gemeinsamen Arbeit von heute rund 150 Mitgliedern. Mit der Einrichtung von Ortsbeiräten wandelte sich ein Teil des Aufgabenspektrums. Die jetzt gültige Satzung beschreibt: Der Satzungszweck wird insbesondere dadurch verwirklicht, dass der Verein die gemeindlichen Interessen, historischen Forschungen und kulturellen Veranstaltungen in Kirchditmold fördert und unterstützt, auf Herstellung und Pflege von Kulturdenkmalen hinwirkt, Vorträge und Veröffentlichungen über historische und kulturelle Ereignisse Kirchditmolds und seiner Umgebung anbietet, durch Exkursionen in Kassel und Umgebung das Verständnis der historischen und gegenwärtigen Kultur vermittelt und die örtliche Gemeinschaft fördert.
Die 40-seitige Chronik des Vereins erscheint am 13. Mai zum Jubiläumsfest des Vereins. Sie ist einsehbar im Vereinsheim des BHV, wird in Auszügen im Kirchditmolder Schauplatz nachzulesen sein und kann für 10€ im BHV erworben werden. Kontakt: belke-herwig@kirchditmold.de oder ulbricht@kirchditmold.de
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